Pressemitteilung: Kopftuchverbot an Schulen – Eine Scheindebatte!

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Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen

Die Forderung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Annette Widman-Mauz (CDU), ein Kopftuchverbot an Schulen prüfen zu lassen, ist abgesehen von ihrer Verfassungswidrigkeit menschenverachtend, diskriminierend und gegen die Selbstbestimmtheit, Würde und Freiheit der Mädchen und Frauen gerichtet. Zudem missachtet sie das im Grundgesetz festgeschriebene Erziehungsrecht der Eltern, das die religiöse Erziehung miteinschließt.

Mahmood Khalilzadeh, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS), benannte diese Entwicklung: „Es ist erstaunlich, dass immer wieder die durch die Religionsfreiheit gedeckten Grundrechte der Muslime unseres Landes für den politischen Profit einzelner sogenannter Volksvertreter herhalten müssen. Man fragt sich, ob die Staatsministerin ihre Aufgabe ernst nimmt, die Bundesregierung bei der Weiterentwicklung der Integrationspolitik und der Förderung des Zusammenlebens aller Menschen im Land zu unterstützen.“

Diese Scheindebatten um das Kindeswohl sowie Verbote dieser Art zielen auf das Verbot des Kopftuches an sich in der Gesellschaft und damit auf die Verbannung einer Form der alltäglich öffentlich gelebter Religiosität ab. Es ist nicht das erste Mal und es wird auch nicht das letzte Mal bleiben, dass solche Debatten auf dem Rücken der Muslime Deutschlands ausgetragen werden. Einzelne Fälle schwerer Diskriminierungen muslimischer Schüler durch Lehrer wegen des Tragens des Kopftuchs und des Fastens im Monat Ramadan wurden uns bereits zugetragen. Diese Debatten von Politikern, die aus Profilierungssucht islamfeindliche Stimmungen aufwiegeln und vereinzelte Lehrer dadurch ermuntern, selbst gesetzeswidrige Maßnahmen gegen muslimische Schüler zu ergreifen, sind absolut inakzeptabel. Es bedarf einer einheitlichen und gemeinsamen Entgegnung seitens der islamischen Verbände, damit wir nicht in einigen Jahren in unserem Land jene menschenunwürdigen Zustände vorfinden, die unsere Geschwister in Österreich heute schon erleiden.

Um in der Gesellschaft gleichberechtigt zusammenleben zu können, sind Gesetze von großer Bedeutung. So ist in diesem Zusammenhang auch auf das religionsgemeinschaftliche Selbstbestimmungsrecht zu verweisen, das basierend auf dem Grundrecht der Religionsfreiheit und dem staatskirchenrechtlichen Prinzip der Trennung von Staat und Kirchen auch darauf abzielt, die Religionsgemeinschaften vor staatlicher Einflussnahme zu schützen.

Die IGS regt daher an, dass im Falle von Ausarbeitungen möglicher Gesetze, welche die muslimische Religionsgemeinschaft betreffen, ähnlich wie in anderen Fällen auch, entsprechende Fachgremien und Ausschüsse nach deren Empfehlungen gefragt werden. Im Sinne der Selbstbestimmung der islamischen Religionsgemeinschaft bedeutet dies, dass hier das Verständnis der islamischen Hauptströmungen, Sunna und Schia, auf Basis der authentischen Quellen des Islams eingeholt werden. Solche Institutionen, wie der Gelehrtenrat der IGS oder aber auch das Islamische Zntrum Hamburg mit seiner 60-jährigen Verbindungen zu den hohen schiitischen Rechtsgelehrten, sind in Deutschland vorhanden[1], aber auch auf europäischer Ebene u. a. durch den Rat der Islamisch-Europäische Union der Schia-Gelehrten und Theologen (IEUS) vertreten[2]. Diese Expertengremien haben die Aufgabe, unter Berücksichtigung der Lebensumstände der Muslime basierend auf den authentischen Quellen religiöse Praktiken zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.

Ein gesetzgebender Prozess ohne die Einbindung relevanter Expertisen läuft Gefahr, aus Unkenntnis grundlegende Menschenrechte zu verletzen und dem Wohle aller Menschen im Land zu schaden.

Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS)

20. Mai 2019

[1] Link zur Pressemitteilung des IZH: http://izhamburg.de/index.aspx?pid=99&articleid=256338

[2] Link zur Pressemitteilung der IEUS: http://ieus.de/news/Stellungnahme-der-Islamisch-Europaeischen-Union-der-Schia-Gelehrten-und-Theologen-IEUS-zum-moeglichen-Gesetz-hinsichtlich-eines-Kopftuch-Verbots-fuer-Kinder-in-Oesterreich-1